Appetitlos ist, wer keine Freude am Essen verspürt. Dabei mangelt es Betroffenen meist sowohl an einem gesunden Hungergefühl, als auch an der Fähigkeit zum Essensgenuss.
Definition
Die zubereitete Speise wird bei Appetitlosigkeit oftmals als fad und wenig geschmacksintensiv empfunden. Häufig besteht dabei eine allgemein reduzierte Kalorienaufnahme, sodass der Körper auf Reserven zurückgreifen muss und sich ein Gewichtsverlust bemerkbar macht.
Synonyme und artverwandte Begriffe
- Inappetenz
Englisch: Absence of appetite, loss of appetite, inappetence
Überblick
Ein gesunder Appetit ist grundsätzlich als Zeichen guter körperlicher Gesundheit anzusehen. Dabei greifen Hunger- und Sättigungsmechanismen so ineinander, dass der Mensch sein individuell optimales Körpergewicht konstant halten kann. Diese Mechanismen können jedoch durch unterschiedliche körperliche und psychische Ursachen in ihrem empfindlichen Gleichgewicht gestört werden, sodass ein reduziertes Hungergefühl und ein verminderter Appetit entsteht.
Kurzzeitig andauernde Appetitlosigkeit während einigen Stunden impliziert jedoch noch nicht unbedingt einen wahren Krankheitswert. Möglicherweise war die vorangegangene Nahrungsaufnahme kalorisch so ausreichend, dass der Körper zunächst eine gute, längerfristig verfügbare Nährstoffreserve aufbauen konnte und zu diesem Zeitpunkt keine weitere Zufuhr mehr benötigt.
Bleibt jedoch auch nach längeren Phasen (5-8 Stunden) tagsüber die Entstehung eines Hungergefühls aus, sollten Sie dies zunächst beobachten. Spätestens nach dieser Zeitspanne sinkt der Blutzuckerspiegel auf sehr niedrige Werte, sodass sich bei einem gesunden Menschen neben einer reduzierten Konzentrationsfähigkeit und einer aufkommenden Müdigkeit und Schlappheit, auch ein allmähliches Hungergefühl, das sogenannte „Loch im Bauch“, bemerkbar macht.
Erfolgt im Anschluss eine Nahrungsaufnahme, greift ein fein regulierter Mechanismus, der über die Messung des steigenden Blutzuckerspiegels und der zunehmenden Magendehnung ein Sättigungsgefühl an die zentralen Region im Gehirn, den Hypothalamus, Schaltstation für nahezu alle vegetativen Funktionen, übermittelt. Durch hormonelle Interaktionen wird die Nahrungsaufnahme dann beendet, wenn der Blutzuckerspiegel wieder über einen individuell festgelegten Schwellenwert gestiegen, ausreichend Fettsäuren aufgenommen und eine gewisse Magendehnung erreicht wurde.
Generell bemerkenswert ist, dass wir meist automatisch das essen, was unser Körper in diesem Moment auch vermehrt benötigt. Beispielsweise wurde beobachtet, dass Sportler nach dem Training ihre Nahrung häufig vermehrt salzen. Damit gleichen sie unbewusst den vorangegangenen Salzverlust über den Schweiß aus. Somit reguliert der Körper sein inneres Gleichgewicht (Homöostase) selbstständig.
Greift dieser hormonelle Regelkreis nun funktionell nicht mehr ausreichend, resultiert ein vermindertes Appetit- und Hungergefühl, was zu einer deutlichen Gewichtsabnahme führen kann. Dies kann durch körperliche Erkrankungen oder psychische Einflussfaktoren begünstigt werden.
Ursachen
Im Folgenden finden Sie eine Auflistung möglicher Ursachen, die zu einem reduzierten Appetit führen können:
Magen-Darm-Erkrankungen, wie:
- Verstopfung (Obstipation) oder Durchfall (Diarrhöe)
- Magenverstimmungen durch zu fettige, zu stark gewürzte oder scharfe Speisen oder säurehaltige Nahrungsmittel
- Magen-Darm-Infekte, wie beispielsweise Magenschleimhautentzündungen oder Helicobacter pylori Infektionen
- Lebensmittelvergiftungen durch verdorbene Speisen
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Laktoseintoleranz, Zöliakie)
- Chronischer Reizmagen
- Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Divertikulitis)
- Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre (Ulcera)
- Maligne Erkrankungen des Magens bzw. des Darms
Erkrankungen der Leber und Gallenblase (hepatobiliäres System) oder der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), wie:
- Leberentzündungen (Hepatitis)
- Gallenblasenentzündungen (Cholezystitis)
- Gallensteinleiden (Cholezystolithiasis)
- Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis)
- Zystenbildung in diesen Organen
- Maligne Tumoren dieser Organe
Psychische Erkrankungen, wie:
- Ängste, Trauer, Verlust- und Existenzängste, Liebeskummer
- Soziale Konfliktsituationen
- Depressionen
- Stress, Burnout-Syndrom
- Essstörungen, wie Magersucht (Anorexie) oder Ess-Brech-Sucht (Bulimie)
Weitere Ursachen können sein:
- Grippale Infekte, Erkältung
- Diabetes mellitus
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
- Niereninsuffizienz
- Herzinsuffizienz
- Neurologische Erkrankungen, wie Alzheimer, Parkinson und Demenz
- Alkohol-, Nikotin- und Drogenabusus
- Medikamenteneinnahme
- Chemo- und Strahlentherapie bei Krebserkrankungen
Ältere Menschen leiden ebenfalls häufig unter einem reduzierten Hunger- und Durstgefühl, dessen Ursache noch nicht eindeutig geklärt werden konnte. Möglicherweise liegt hier eine reduzierte Hormonproduktion bei allgemein vermindertem Stoffwechsel zu Grunde.
Was Sie selbst tun können
Kontaktieren Sie Ihren Arzt, wenn Sie eine bereits länger andauernde Appetitlosigkeit oder einen zunächst womöglich unerklärlichen Gewichtsverlust bemerken.
Hilfe durch den Spezialisten
Je nach Spezifität der Symptomatik kann ausgehend von einem Gespräch mit Ihrem Arzt eine weitere detaillierte Diagnostik bei verschiedensten Fachmedizinern erfolgen. Hierzu gehören:
- Internist
- Gastroenterologe
- Endokrinologe
- Psychologe, Psychiater, Psychosomatiker
Was Sie bei Ihrem Arzt erwartet
Bevor Ihr Arzt mit einer Untersuchung beginnt, findet ein einführendes Gespräch (Anamnese) über Ihre aktuellen Beschwerden statt. Im Rahmen dessen befragt er Sie ebenfalls zu zurückliegenden Beschwerden und eventuell bestehenden Erkrankungen.
Mit folgenden Fragen können Sie rechnen:
- Seit wann bemerken sie einen verminderten Appetit? Gab es womöglich ein auslösendes Ereignis in vergangener Zeit?
- Haben sich im Verlauf Veränderungen ergeben? Gab es Phasen der normalen Nahrungsaufnahme?
- Wie gestaltet sich Ihr Stuhlgang?
- Wie regelmäßig und wie viel essen Sie für gewöhnlich?
- Leiden Sie unter zusätzlichen körperlichen Symptomen, wie beispielsweise Durchfall, Übelkeit, Schmerzen, Sodbrennen, Völlegefühle oder Fieber?
- Fühlen Sie sich häufig gestresst, traurig, müde oder abgeschlagen?
- Litten Sie bereits schon einmal daran?
- Bestehen aktuell Vorerkrankungen und werden diese therapiert??
- Nehmen Sie aktuell Medikamente ein?
- Sind Ihnen Nahrungsmittelallergien oder Unverträglichkeiten bekannt?
Untersuchungen (Diagnostik)
Ausgehend von Ihrer in der vorangegangenen Anamnese erhobenen Symptomcharakteristik, Ihrem aktuellen Befinden und einer eingehenden körperlichen Untersuchung kann der Arzt nun folgende zusätzliche Diagnostik anwenden:
- Blutentnahme
- Stuhl- und Urinprobenentnahme
- Elektrokardiogramm (EKG)
- Ultraschalluntersuchungen (Sonografie) der Bauchorgane
- Magen- und Darmspiegelung (Gastroskopie, Gastroduodenoskopie, Koloskopie)
Bei Verdacht auf eine psychische Erkrankung wird Ihr Arzt möglicherweise einen Facharzt für psychische Erkrankungen hinzuziehen.
Behandlungen (Therapie)
Besteht ein symptomatischer Gewichtsverlust, ist das initiale Ziel der Behandlung zunächst eine Wiederherstellung eines gesunden Körpergewichts und die Regulation des Essverhaltens. Die Bestimmung des Body-Mass-Index (BMI) mit der Formel (Körpergewicht in kg) / (Körpergröße in m)² sollte dabei eine grobe Orientierung liefern. Ein optimaler BMI liegt dabei im Bereich von 18-24. Bei Werten ab 25 aufwärts besteht Übergewicht (Adipositas), Werte <17 bezeugen deutliches Untergewicht. Eine lebensbedrohliche Grenze liegt individuell verschieden bei circa 13-14. Unterhalb dieser Grenze muss die künstliche Ernährung über eine Magensonde oder die Vene (parenteral) erwogen werden.
Im Vordergrund steht bei jeder Behandlung jedoch die Bereitschaft des Patienten zur Kooperation (Compliance). In diesem Falle ist der Betroffene angehalten, deutlich mehr Nahrung aufzunehmen als bisher, sich also hyperkalorisch zu ernähren, sofern ihm dies trotz der Grunderkrankung möglich ist.
Bei Vorliegen einer voran diagnostizierten, organischen Ursache wird Ihr Arzt diese ursächlich kurieren. Zusätzlich kann er appetitanregende Medikamente verordnen. Diese enthalten häufig den Wirkstoff Ketotifen und steigern Speichelfluss und Magensaftsekretion.
Besonders bei essgestörten Patienten mit einer beeinträchtigten Wahrnehmung des eigenen Körperbildes kann es lange dauern bis eine Krankheitseinsicht, d.h. die Bereitschaft sich helfen zu lassen und der Wille zur selbstbewirkten Veränderung entstehen. Hierbei kann die tiefenpsychologisch fundierte, kognitive Verhaltenstherapie gut greifen, anhand derer Betroffene die Ursachen ihres gestörten Essverhaltens erarbeiten und Methoden erlernen, den „krankhaften“ Mechanismen entgegenzuwirken, körperliche Signale richtig zu deuten und die tägliche Nahrungsaufnahme wieder mit Lebensfreude und Genuss zu verbinden.
Im Rahmen einer Ernährungsberatung können Sie ebenfalls lernen, was „gesunde Ernährung“ bedeutet. Ihnen wird erläutert wie sich die tägliche Nahrungszusammensetzung gestalten sollte, welche Lebensmittel welche Nährstoffkompositionen enthalten und Sie lernen die Funktionen des Verdauungsapparates kennen. Einen Abschluss bilden gesunde, abwechslungsreiche Rezeptideen und Anregungen.
Vorbeugung (Prophylaxe, Prävention)
Appetit und Lust am Essen können Sie durch einige kleine Tricks einfach aufrechterhalten:
- Ernähren Sie sich grundlegend ausgewogen, vitamin- und ballaststoffreich. Insbesondere die Ballaststoffe (unverdauliche Pflanzenbestandteile) regen die Magen-Darm-Peristaltik an und sorgen für eine gesunde Verdauungsfunktion.
- Vertrauen Sie Ihrem Hunger- und Sättigungsgefühl; essen Sie das, worauf Sie Lust haben. Wie eingangs beschrieben signalisiert Ihr Körper Ihnen sehr genau, welche Nährstoffkomposition er aktuell benötigt – je nach dem sollten Sie auch Ihrer Lust auf Süßes, Salziges oder Herzhaftes nachgehen.
- Achten Sie auf eine regelmäßige Nahrungsaufnahme. Mindestens drei Mahlzeiten pro Tag sollten Sie zu sich nehmen. Versuchen Sie dabei, sich Raum und Zeit für Ihre Mahlzeit zu nehmen und diese zu genießen. Sie geben mit jedem Essen Ihrem Körper das zurück, was Sie täglich von Ihm fordern. Sorgen Sie gut für sich selbst.
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