Kompetenzzentrum für Hämatologie und Immunologie informiert: Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose)
Definition Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose)
Fachärzte für Hämatologie zählen die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) zu den häufigsten Stoffwechselstörungen. Dabei unterscheiden Hämatologen folgende Formen:
- Primäre (hereditäre) Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) aufgrund eines genetischen Defekts
- Sekundäre Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) infolge anderer Krankheiten
Bei der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) nehmen Patientinnen und Patienten zu viel Eisen im Dünndarm auf.
Das überschüssige Eisen lagert sich dann in bestimmten Organen ab, vor allem in der Leber, der Bauchspeicheldrüse, der Milz, im Herzen, der Hirnanhangdrüse, der Schilddrüse und der Haut.
Durch die Eisenablagerung werden die Organe allmählich geschädigt. Das äußert sich durch eine vergrößerte Leber (Hepatomegalie), eine Leberzirrhose, Leberkrebs (Leberzellkarzinom), Diabetes mellitus, eine Herzmuskelschwäche, Gelenkschmerzen, Impotenz oder eine dunkle Hautpigmentierung, auch Bronzediabetes genannt. Abgeschlagenheit und Reizbarkeit sind weitere Symptome. Im schlimmsten Fall droht ein Organversagen, das zum Tode führen kann.
Fachärzte für Hämatologie machen in den meisten Fällen einen genetischen Defekt auf dem Chromosom 6 als Ursache der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) aus. 1996 wurde das so genannte Hämochromatose-Gen HFE entdeckt. Der Mensch hat etwa 25.000 verschiedene Gene, die sich auf 46 Chromosomen verteilen. 23 Chromosomen stammen von der Mutter und 23 vom Vater. Die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) tritt jedoch nur dann auf, wenn Mutter und Vater die krankmachende Veränderung auf dem Gen an ihr Kind vererbt haben. Fachärzte für Hämatologie sprechen in diesen Fällen von einer autosomal rezessiven Vererbung.
Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 200.000 bis 400.000 Menschen betroffen sind, und die genetische Veranlagung von beiden Elternteilen an sie vererbt wurde. Allerdings tritt die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) nicht einmal bei der Hälfte von ihnen tatsächlich auf. Männer erkranken vor allem zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr, Frauen etwas später in den Wechseljahren. Denn durch die Regelblutung kommt es bei ihnen zu regelmäßigen Eisenverlusten, sodass der Erkrankungsverlauf abgemildert wird.
Synonyme und artverwandte Begriffe
Synonyme: Bronzediabetes, primäre Siderose, Hämosiderose
Englisch: haemochromatosis
Überblick
Der menschliche Körper enthält zwischen drei und fünf Gramm Eisen. Normalerweise nimmt der Dünndarm mit der Nahrung jeden Tag nur so viel Eisen auf, wie täglich verloren geht. Das sind etwa 1 bis 1,5 Milligramm pro Tag. Bei der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) ist die Aufnahme jedoch erhöht, so dass der Eisengehalt im gesamten Körper auf das Doppelte oder sogar Zehnfache des üblichen Wertes steigt. Langfristig wird dadurch Gewebe in bestimmten Organen geschädigt.
Als Ursache der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) machen Hämatologen in der Regel eine Genveränderung aus. Dabei werden fünf verschiedene Typen unterschieden. In seltenen Fällen können auch andere Krankheiten, z.B. eine Störung bei der Bildung des Blutfarbstoffes Hämoglobin zur Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) führen. Fachärzte für Hämatologie unterscheiden deshalb zwischen einer primären (hereditären) und einer sekundären Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose).
Liegt eine Veränderung (Mutation) am so genannten Hämochromatose-Gen vor, das sich auf dem Chromosom 6 befindet, wird zu wenig Hepcidin in der Leber gebildet. Das wiederum führt dazu, dass der Dünndarm zu viel Eisen aus der Nahrung aufnimmt. Denn Hepcidin spielt eine wichtige Rolle bei der Eisenaufnahme. Sind die Eisenspeicher des Körpers voll, lagert sich das überschüssige Eisen im Gewebe verschiedener Organe ab und schädigt sie.
Eisen braucht der Körper hauptsächlich für die Bildung des Blutfarbstoffes Hämoglobin. Etwa 10 bis 15 Prozent werden an das Speicherprotein Ferritin gelagert, vor allem in der Leber, der Milz und dem Knochenmark. Für den Hämatologen ist der Ferritinspiegel im Blut deshalb ein aussagekräftiges Maß für den Eisengehalt im Körper des Patienten.Es ist wichtig, dass die Erkrankung frühzeitig vom Facharzt für Hämatologie entdeckt und behandelt wird, um schwere Organschädigungen zu vermeiden. Wird die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) nicht behandelt, nimmt die Lebenserwartung in schweren Fällen deutlich ab.
Ursachen der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose)
Die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) wird in der Regel vererbt. Sie tritt aber nur dann auf, wenn beide Elternteile den genetischen Defekt an ihr Kind vererbt haben. Fünf verschiedene Typen von Gendefekten sind Fachärzten für Hämatologie bekannt, die zu der Erkrankung führen können. Nur in seltenen Fällen machen sie eine andere Erkrankung als Ursache aus.
Was Sie bei der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) selbst tun können
Bei Patientinnen und Patienten, bei denen die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) vom Facharzt für Hämatologie diagnostiziert wurde, spielt die Ernährung bei der Behandlung (Therapie) eine untergeordnete Rolle. Allerdings erhöht Vitamin C die Eisenaufnahme, während schwarzer Tee sie hemmt. Auf den Verzehr von Innereien, Blut- und Leberwurst sowie auf übermäßigen Genuss von Alkohol sollten Betroffene verzichten.
Hilfe durch den Spezialisten
Je nach Spezifität der Symptomatik kann ausgehend von einem Gespräch mit Ihrem Arzt eine weitere detaillierte Diagnostik bei verschiedensten Fachmedizinern erfolgen. Hierzu gehören:
- Hämatologen
- Chirurgen
Was Sie bei Ihrem Arzt für Hämotologie erwartet
Bevor Ihr Arzt für Hämatologie mit einer Untersuchung beginnt, findet ein einführendes Gespräch (Anamnese) über Ihre aktuellen Beschwerden statt. Im Rahmen dessen befragt er Sie ebenfalls zu zurückliegenden Beschwerden und eventuell bestehenden Erkrankungen.
Mit folgenden Fragen können Sie rechnen:
- Seit wann bestehen die Symptome?
- Können Sie eine genaue Charakterisierung und gegebenenfalls Lokalisation vornehmen?
- Haben sich im Verlauf der Symptomatik Veränderungen ergeben?
- Leiden Sie unter zusätzlichen Symptomen wie beispielsweise Atemnot, Schmerzen in der Brust, Schwindelgefühle
- Litten Sie schon einmal daran und sind diese Anzeichen familiär aufgetreten?
- Bestehen aktuell Vorerkrankungen oder Erbkrankheiten und werden diese therapiert?
- Nehmen Sie aktuell Medikamente ein?
- Sind Ihnen Allergien bekannt?
- Leiden Sie unter Stresszuständen im Alltag?
Welche Medikamente nehmen Sie regelmäßig ein?
Ihr Facharzt für Hämatologie benötigt eine Übersicht der Arzneimittel, die Sie regelmäßig einnehmen. Stellen Sie schon vor dem Arztbesuch bei Ihrem Hämatologen eine Übersicht über die Medikamente, die Sie einnehmen, in einer Tabelle zusammen. Eine Vorlage für die Übersicht finden Sie hier.
Untersuchungen (Diagnostik) durch den Hämatologen
Ausgehend von der in der vorangegangenen Anamnese erhobenen Symptomcharakteristik und dem aktuellen Befinden kann der Facharzt für Hämatologie nun folgende Diagnostik anwenden:
Blutuntersuchungen:
- Bestimmung des Ferritinspiegels im Serum (Ferritin ist ein Eisenspeicherprotein)
- Bestimmung der Transferrinsättigung mit Eisen
Bei Verdacht auf die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) ist die Bestimmung der Eisenmenge im Körper wegweisend. Dazu misst der Hämatologe den Eisenspiegel im Serum sowie die Transferrinsättigung. Transferrin transportiert das Eisen im Blut. Liegt die Transferrinsättigung über 60 Prozent und die Ferritinkonzentration über 300 µg/l (Mikrogramm pro Liter), deutet das für den behandelnden Hämatologen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) hin.
Behandlungen (Therapie)
Um die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) zu behandeln, wenden Fachärzte für Hämatologie vor allem den Aderlass an. Das mag wie ein Rückgriff auf das Mittelalter klingen, ist aber eine äußerst wirksame Behandlungsmethode. Bei der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) geht es vor allem darum, die überschüssigen Eisendepots im Körper vollständig zu entleeren.
Zunächst entnehmen Hämatologen den Patienten einmal pro Woche 300 bis 500 ml Blut. Das wird solange fortgesetzt, bis der Ferritinspiegel unter 20 µg/l liegt (Richtlinien der American Hemochromatosis Society). Anschließend genügen oft zwei bis vier Aderlässe pro Jahr. Allerdings müssen sie lebenslang vom Facharzt für Hämatologie durchgeführt werden.
Eine andere Therapieform ist die Erythrozytapherese. Im Gegensatz zum Aderlass können bei jeder Behandlung (Therapie) mehr rote Blutkörperchen (Erythrozyten) vom Hämatologen entnommen werden. Das reduziert die Häufigkeit der Behandlung (Therapie) durch den Facharzt für Hämatologie. Außerdem sinken die Ferritinwerte deutlich schneller als beim Aderlass. Die Erythrozytapherese ist allerdings mit hohen Kosten verbunden und kommt nur in Einzelfällen zum Einsatz, z.B. bei schweren Leberschäden. Eine medikamentöse Behandlung durch den Facharzt für Hämatologie mit Deferoxamin oder Deferasirox erfolgt nur in Ausnahmefällen, wenn eine Anämie (Blutarmut) oder eine fortgeschrittene Erkrankung der Herzmuskulatur (Kardiomyopathie) besteht. Bei hohen Dosierungen treten gelegentlich Seh- und Hörstörungen auf. Die medikamentöse Behandlung (Therapie) durch den Hämatologen ist nicht so wirksam wie der Aderlass, wesentlich aufwendiger und mit mehr Nebenwirkungen verbunden.
Bei einer fortgeschrittenen Leberzirrhose ist eine Lebertransplantation möglicherweise unumgänglich.
Vorbeugung (Prophylaxe, Prävention)
Der Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) lässt sich nicht vorbeugen, weil es sich in der Regel um eine Erbkrankheit handelt. Bei Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Reizbarkeit und einem frühzeitigen Ergrauen der Haare sollten Sie einen Facharzt für Hämatologie aufsuchen und sich auf die Erkrankung testen lassen. Eine Reihenuntersuchung der Bevölkerung (Screening) wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert.
Prognose
Wird die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) frühzeitig vom Hämatologen diagnostiziert und konsequent behandelt, ist die Lebenserwartung normal. In der Regel treten keine Folgeschäden auf. Dagegen kann die Lebensqualität deutlich eingeschränkt sein, wenn die Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist. Möglicherweise muss eine neue Leber transplantiert oder künstliche Gelenke müssen eingesetzt werden, z.B. Hand- Hüft- oder Kniegelenke.
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