Wadenkrämpfe

Wadenkrämpfe sind häufig durch Verschiebungen im Elektrolytgleichgewicht, insbesondere von Calcium und Magnesium, bedingt. Diese Ungleichgewichte können variable Ursachen haben.

Definition

Wadenkrämpfe sind unangenehm starke, sich nicht direkt wieder lösende Verkrampfungen der unteren Beinmuskulatur. Sie betreffen häufig den hinteren Wadenmuskel (Musculus gastrocnemius) oder die Fußmuskulatur und treten meist bei starker Belastung, plötzlicher Temperaturänderung oder nachts auf. Für gewöhnlich verschwinden sie genauso plötzlich, wie sie aufgetreten sind oder lassen sich durch aktive Dehnung des betroffenen Muskels auflösen. Bei 40% der Menschen kommen sie gelegentlich vor und stellen keine ernsthafte Erkrankung dar.

Wenn sie jedoch zu einem häufigeren Symptom werden, können sie, besonders während der Nacht, die Lebensqualität Betroffener deutlich einschränken, sowie in manchen Situationen, beispielsweise beim Schwimmen, eine akut lebensbedrohliche Situation herbeiführen.

Synonyme und artverwandte Begriffe

  • Schmerzen Wade, Krampus-Syndrom

Englisch: Cramp in the calf, charley horse (amerikanisch)

Überblick

Die Kontraktion der Muskulatur ist ein hoch spezialisierter Vorgang, der durch feine Abstimmung sowohl grobe Bewegungsmuster wie Laufen, Springen oder Radfahren, als auch fein regulierte, kaum sichtbare Bewegungen, wie beispielsweise minimale Augenbewegungen, ermöglicht.

Ein Muskel besteht aus tausenden Muskelfasern. Diese wiederum aus mikroskopisch feinen Muskelfaserzellen, die aus ultrastrukturell, parallel angelagerten kontraktilen Proteinfilamenten, also zur aktiven Verkürzung fähigen Eiweißketten, bestehen, die sich unter Energieverbrauch ineinander schieben können und so eine Längenänderung des gesamten Muskels bewirken.

Dazu angeregt werden sie über die Bindung von Calcium-Ionen, die sowohl von außerhalb des Muskels als auch aus intrazellulären Speichern in die Muskelzelle einströmen. Daher ist der gesamte Kontraktionszyklus neben den vorhandenen Energiedepots des Muskels vornehmlich abhängig von der Ionen-, also Elektrolytkonzentration, im Blut.

Ursachen

  • Übermäßige Belastung nach unzureichender Aufwärmphase oder bei nicht ausreichendem Trainingszustand
  • Fehlernährung und Flüssigkeitsmangel (Diät, Hungern, einseitige Ernährung)
  • Erhöhter Elektrolytverlust (starkes Schwitzen oder durch Einnahme von harntreibenden Medikamenten (Diuretika) oder Abführmitteln sowie bei Erbrechen und Durchfall)
  • Vermehrter Elektrolytbedarf (Schwangerschaft)
  • Nebenwirkungen einiger Medikamente
  • Im Rahmen der Dialysetherapie
  • Plötzliche Kälteeinwirkung

Neben diesen temporären Mangelzuständen, können jedoch auch folgende Erkrankungen zu Muskulaturverkrampfungen führen:

  • Muskuläre Erkrankungen oder bestehende Muskelverletzungen (Muskelfaserriss)
  • Gefäßerkrankungen, die zu Minderdurchblutungen der Muskulatur führen können. Dabei werden dementsprechend auch weniger Elektrolyte zum Muskel transportiert. Dazu gehören:
    • Arterielle Durchblutungsstörungen, oftmals bekannt als „Raucherbein“
    • Periphere Arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
    • Tiefe Beinvenenthrombose
    • Krampfadern
  • Stoffwechselerkrankungen (Diabetes Mellitus)
  • Neurologische Erkrankungen
  • Bei Zytostatikatherapie (medikamentöse Krebsbehandlung)
  • Alkoholismus
  • Infektionen (beispielsweise Grippe-Virus)

Oftmals sind bei diesen Erkrankungen jedoch zusätzliche Symptome wie Missempfindungen (Polyneuropathie), übersteigerte Schmerzhaftigkeit (Allodynie) oder vermindertes Schmerzempfinden (Hypalgesie) oder Lähmungserscheinungen (Paresen) assoziiert.

Was Sie selbst tun können

Kontaktieren Sie Ihren Arzt, wenn Sie häufig oder besonders nachts unter spontanen Krämpfen der Muskeln leiden und sich in Ihrer Lebensqualität eingeschränkt fühlen, wenn nach einem Krampf ein starker Schmerz bestehen bleibt, sich Hautverfärbungen oder Blässe zeigen sowie bei deutlicher Zunahme des Waden- oder Beinumfangs.

Hilfe durch den Spezialisten

Je nach Spezifität der Symptomatik kann ausgehend von einem Gespräch mit Ihrem Arzt eine weitere detaillierte Diagnostik bei verschiedensten Fachmedizinern erfolgen. Hierzu gehören:

  • Internist, Kardiologe
  • Chirurg
  • Orthopäde
  • Endokrinologe / Diabetologe
  • Neurologe

Was Sie bei Ihrem Arzt erwartet

Bevor Ihr Arzt mit einer Untersuchung beginnt, findet ein einführendes Gespräch (Anamnese) über Ihre aktuellen Beschwerden statt. Im Rahmen dessen befragt er Sie ebenfalls zu zurückliegenden Beschwerden und eventuell bestehenden Erkrankungen.

Mit folgenden Fragen können Sie rechnen:

  • Seit wann bestehen die Symptome insgesamt?
  • Können Sie die Krämpfe durch bestimmte Verhaltensweisen provozieren?
  • Wie lange dauert die Krampfsymptomatik an?
  • Lässt sich der Muskel durch eine bestimmte Maßnahme leicht wieder relaxieren?
  • Leiden Sie unter zusätzlichen Symptomen, wie beispielsweise häufigem Harndrang oder Durst, Missempfindungen, übersteigerter oder verminderter Schmerzempfindung oder einem Kribbeln im betroffenen Bereich?
  • Bestehen Vorerkrankungen und werden diese therapiert?
  • Nehmen Sie aktuell Medikamente ein?
  • Sind Ihnen Allergien bekannt?
  • Besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft?
  • Leiden Sie unter Stresszuständen im Alltag?
  • Treiben Sie viel Sport?
  • Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung?

Untersuchungen (Diagnostik)

Ausgehend von Ihrer in der vorangegangenen Anamnese erhobenen Symptomcharakteristik und Ihrem aktuellen Befinden kann der Arzt nun folgende Diagnostik anwenden:

  • Blutentnahme zur Überprüfung Ihres Elektrolythaushalts, des Blutzuckers, zur Überprüfung organspezifischer Werte und um einen Überblick über einige Hormonwerte (Hormonparameter) zu bekommen
  • Neurologische Untersuchung (insbesondere die Überprüfung von Muskelreflexen und der Sensibilität)
  • Urintest

Häufig ergeben schon diese relativ einfachen Untersuchungen einen Hinweis auf die Ursache der Krampfsymptome. Je nach Grunderkrankung erfolgt eine spezifischere, organorientierte Diagnostik beim Facharzt. Darunter fallen:

  • Bildgebende Diagnostik: Röntgen, Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT)
  • Kontrastmittel-Angiografie (Darstellung der Gefäße im Röntgenbild)
  • Ultraschalluntersuchung (Sonografie)
  • Gewebeentnahme aus dem Muskel (Biopsie)

Behandlungen (Therapie)

Da häufig lediglich ein Elektrolytmangel, insbesondere ein Magnesiummangel, vorliegt, besteht der grundlegende Behandlungsansatz in diesem Fall in einer ausreichenden Substitution der Mineralien. Dies kann im akuten Fall intravenös durch Infusion erfolgen, grundsätzlich ist dies aber gut durch Tabletteneinnahme zu erreichen.

Massagen und wärmende Wickelumschläge erhöhen die Durchblutung der Muskulatur und können den Krampf im akuten Stadium beseitigen als auch präventiv angewandt werden.
Bei diagnostizierter Minderversorgung des Muskels mit Blut sollte durch physikalische, interventionelle (perkutane transluminale Angioplastie, PTA) mit oder ohne Stentimplantation oder operative Maßnahmen versucht werden, betroffene Areale wieder besser zu perfundieren.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie mit muskelrelaxierenden Pharmaka, über die Sie Ihr Arzt im Falle einer Verordnung aufklären wird.

Vorbeugung (Prävention)

Da oftmals insbesondere ein ausgeprägter Magnesiummangel besteht, kann ein vermehrter Verzehr folgender magnesiumreicher Nahrungsmittel eine mögliche Prävention darstellen:

  • Vollkorn- und Sojaprodukte
  • Haferflocken
  • Leinsamen
  • Nüsse, besonders Cashewkerne
  • Kartoffeln
  • Bananen und Papayas, Trockenfrüchte
  • Schokolade mit mindestens 70% Kakaoanteil
  • Besonders elektrolythaltiges Mineralwasser

Prognose

Die Prognose richtet sich nach der Ursache, ist aber insbesondere bei dem häufigen Elektrolytmangel gut.

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