Kompetenzzentrum für Hämatologie informiert: Blutarmut (Anämie)

Definition Blutarmut (Anämie)

Fachärzte für Hämatologie sprechen von Blutarmut (Anämie), wenn im Körper zu wenig rote Blutkörperchen (Erythrozyten) oder nicht genügend roter Blutfarbstoff (Hämoglobin) vorhanden sind. Damit die Organe funktionsfähig bleiben, benötigen sie Sauerstoff. Für den Transport sind die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) verantwortlich. In ihnen befindet sich das Hämoglobin, das den Sauerstoff bindet und später wieder an die Organe abgibt.

Hämatologen führen eine Blutarmut (Anämie) auf viele verschiedene Ursachen zurück. Dazu gehören Mangelerscheinungen und Erkrankungen, die entweder von Geburt an bestehen oder später aufgetreten sind. Eine Blutarmut (Anämie) kann die Folge sein von:

  • Eisenmangelanämie
  • Mangel an Folsäure und Vitamin B12
  • Geschwüre und Tumore im Magen-Darm-Trakt
  • Erkrankungen des Knochenmarks (myelodysplastisches Syndrom)
  • Thalassämie
  • Sichelzellanämie
  • Gestörte Bildung oder vermehrter Verlust der roten Blutkörperchen

Patientinnen und Patienten, bei denen Hämatologen eine Blutarmut (Anämie) feststellen, klagen häufig über Müdigkeit, Leistungsabfall, Kopfschmerzen, Atemnot, Schwindel und Konzentrationsschwierigkeiten. Meistens sehen sie sehr blass aus.

Blutarmut (Anämie) ist in Deutschland eine der häufigsten Blutveränderungen Je älter die Menschen sind, desto häufiger wird sie vom Facharzt für Hämatologie diagnostiziert.

Synonyme und artverwandte Begriffe

Synonyme: Blutmangel, Bleichsucht
Englisch: anaemia

Überblick

Jeder Mensch hat etwa 3,5 bis 5 Liter Blut in seinem Körper. Es setzt sich aus festen und flüssigen Bestandteilen zusammen. Die flüssigen Bestandteile des Blutes werden als Plasma bezeichnet. Zu den festen gehören Zellen, die etwa 45 Prozent des Blutes ausmachen. Fachärzte für Hämatologie unterscheiden drei Arten von Blutzellen: Die Erythrozyten oder roten Blutkörperchen, die Leukozyten oder weißen Blutkörperchen und die Thrombozyten oder Blutplättchen.

Ein Grossteile der Blutzellen besteht aus roten Blutkörperchen

Einen Großteil der Blutzellen machen die roten Blutkörperchen, die Erythrozyten, aus. Sie transportieren den Sauerstoff aus der Lunge zu den Organen und Geweben. Dabei ist der Sauerstoff an den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) gebunden. Stellt der Hämatologe eine Blutarmut (Anämie) fest, fehlt es an roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und am Hämoglobin. Der Körper wird dann nur noch unzureichend mit Sauerstoff versorgt.

Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) werden laufend im Knochenmark gebildet. Nach etwa sieben Tagen Entwicklungszeit können sie ihre Arbeit aufnehmen und sterben nach etwa vier Monaten ab. Für die Bildung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) braucht das Knochenmark bestimmte Nährstoffe und Wachstumsfaktoren. Die drei wichtigsten sind Eisen, Vitamin B12 und Folsäure.

Ursachen der Blutarmut (Anämie)

Bei einer Blutarmut (Anämie) ist das Gleichgewicht zwischen Blutbildung und dem Blutabbau bzw. Blutverlust gestört. Fachärzte für Hämatologie machen dafür viele verschiedene Ursachen aus:

  • Gestörte Blutbildung im Knochenmark
  • Verstärkter Abbau und Verlust der roten Blutkörperchen (Erythrozyten)
  • Störungen der Blutbildung
  • Eisenmangel und Eisenmangelanämie
  • Chronische Blutungen
  • Nierenerkrankungen
  • Genetische Veränderungen
  • Bestimmte Erbkrankheiten

Die Blutarmut (Anämie) kann jedoch noch andere Ursachen haben. Häufig wird sie von Fachärzten für Hämatologie bei chronischen Erkrankungen festgestellt, also bei Entzündungen, Infektionen und Tumoren. Auch verschiedene Medikamente, z.B. Chemotherapeutika, können dazu führen, dass zu wenig rote Blutkörperchen (Erythrozyten) gebildet oder zu viele abgebaut werden.

Was Sie bei der Blutarmut (Anämie) selbst tun können

Beruht die Blutarmut (Anämie) auf einem Mangel an Eisen, Folsäure und Vitamin B12, wird Ihnen der Facharzt für Hämatologie empfehlen, die Ernährung umzustellen. Reich an Eisen sind Fleisch, Fisch, Geflügel, Nüsse und Hülsenfrüchte. Reicht eine Umstellung der Ernährung nicht aus, verordnet der Hämatologe Eisen in Form von Tabletten. In der Regel müssen sie zweimal täglich über mehrere Monate eingenommen werden. Reich an Folsäure sind grünes Gemüse und Vollkornprodukte.

Wichtig ist, keine Behandlung in Eigenregie durchzuführen. Bei einer Blutarmut (Anämie) ist es wichtig, einen Hämatologen aufzusuchen, der die Ursache abklärt und dann die geeignete Strategie wählt, um die Blutarmut (Anämie) zu behandeln.

Hilfe durch den Spezialisten

Je nach Spezifität der Symptomatik kann ausgehend von einem Gespräch mit Ihrem Arzt eine weitere detaillierte Diagnostik bei verschiedensten Fachmedizinern erfolgen. Hierzu gehören:

  • Hämatologen
  • Urologen
  • Gynäkologen

Was Sie bei Ihrem Arzt für Hämotologie erwartet?

Bevor Ihr Arzt für Hämatologie mit einer Untersuchung beginnt, findet ein einführendes Gespräch (Anamnese) über Ihre aktuellen Beschwerden statt. Im Rahmen dessen befragt er Sie ebenfalls zu zurückliegenden Beschwerden und eventuell bestehenden Erkrankungen.

Mit folgenden Fragen können Sie rechnen:

  • Seit wann bestehen die Symptome?
  • Können Sie eine genaue Charakterisierung und gegebenenfalls Lokalisation vornehmen?
  • Haben sich im Verlauf der Symptomatik Veränderungen ergeben?
  • Leiden Sie unter zusätzlichen Symptomen wie beispielsweise Atemnot, Schmerzen in der Brust, Schwindelgefühle
  • Litten Sie schon einmal daran und sind diese Anzeichen familiär aufgetreten?
  • Bestehen aktuell Vorerkrankungen oder Erbkrankheiten und werden diese therapiert?
  • Nehmen Sie aktuell Medikamente ein?
  • Sind Ihnen Allergien bekannt?
  • Leiden Sie unter Stresszuständen im Alltag?

Welche Medikamente nehmen Sie regelmäßig ein?

Ihr Facharzt für Hämatologie benötigt eine Übersicht der Arzneimittel, die Sie regelmäßig einnehmen. Stellen Sie schon vor dem Arztbesuch bei Ihrem Hämatologen eine Übersicht über die Medikamente, die Sie einnehmen, in einer Tabelle zusammen. Eine Vorlage für die Übersicht finden Sie hier.

Untersuchungen (Diagnostik) durch den Hämatologen

Laboranalyse des Blutbildes

Ausgehend von der in der vorangegangenen Anamnese erhobenen Symptomcharakteristik und dem aktuellen Befinden kann der Facharzt für Hämatologie nun folgende Diagnostik anwenden:

  • Körperliche Untersuchung
  • Blutbild
  • Mittleres Erythrozythenhämoglobin (MCH, Bestimmung, wie viel roter Blutfarbstoff in den roten Blutkörperchen im Durchschnitt vorhanden ist)
  • Mittleres Erythrozytenvolumen (MCV, Bestimmung der mittleren Größe bzw. des Volumens der roten Blutkörperchen)
  • Hämatokrit (Bestimmung des Anteils der festen Bestandteile im Blut)
  • Bestimmung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten)
  • Bestimmung des Eisenspiegels und der Eisenreserven im Körper
  • Untersuchung auf Entzündungsparameter
  • Test auf Blut im Stuhl
  • Urinprobe
  • Entnahme von Knochenmark (Knochenmarkpunktion)
  • Darmspiegelung (Koloskopie)

Behandlungen (Therapie)

Wie der Facharzt für Hämatologie die Blutarmut (Anämie) behandelt, hängt davon ab, welche Ursachen sie hat. Bei schweren Symptomen kann es sinnvoll sein, dass der Hämatologe die fehlende Menge an Erythrozyten über eine Bluttransfusion zuführt.

Ist die Blutarmut (Anämie) durch einen Blutverlust entstanden, muss die Quelle der Blutung schnell gefunden und gestillt werden. Akute Blutungen, etwa nach Unfällen, müssen sofort behandelt werden.

Beruht die Blutarmut (Anämie) dagegen auf Eisenmangel bzw. Folsäure- und Vitamin B12-Mangel, kann der Hämatologe Eisen- und Folsäurepräparate verordnen und eine Ernährungsumstellung empfehlen. Vitamin B12 wird meist direkt in den Muskel gespritzt.

Hat eine Nierenerkrankung die Blutarmut (Anämie) ausgelöst, zieht der Hämatologe vielleicht eine Behandlung (Therapie) mit dem Hormon Erythropoetin in Betracht. Für andere Ursachen gibt es weitere Möglichkeiten der Behandlung (Therapie).

Vorbeugung (Prophylaxe, Prävention)

Vollkornprodukte sind gute Eisenlieferanten

Einer Blutarmut (Anämie) können Sie in vielen Fällen durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung vorbeugen. Wichtig sind Nahrungsmittel, die viel Eisen, Folsäure und Vitamin B12 enthalten.

Gute Eisenlieferanten sind Vollkornprodukte, Fleisch, Leber, Fisch, Kakao und Nüsse. Folsäure ist in grünem Gemüse enthalten, Vitamin B12 in Fleisch, Fisch, Leber, Ei, Milch und Sauerkraut.

Wenn Sie ein erhöhtes Risiko für eine Blutarmut (Anämie) haben, weil Sie schwanger sind, Vegetarier oder Vegane, sollten Sie sich mit einem Hämatologen beraten, wie Sie einem Nährstoffmangel und einer Blutarmut (Anämie) vorbeugen können.

Eine Blutarmut (Anämie) lässt sich aber nicht allein durch eine gute Ernährung verhindern. Manchmal sind andere Grunderkrankungen für die Blutarmut (Anämie) verantwortlich. Dann müssen diese ursächlich behandelt werden.

Prognose

Eine Blutarmut (Anämie) lässt sich in der Regel vom Facharzt für Hämatologie gut behandeln. Wird sie nicht therapiert, kann sie zu verminderter Leistungsfähigkeit und weiteren Beschwerden führen. Nur ganz selten ist sie lebensbedrohlich. Dennoch erhöht eine bestehende Blutarmut (Anämie) das allgemeine Sterblichkeitsrisiko.

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